Freitag, 16. November 2018

Morgendlicher Monolog


Die Wärme seines Körpers weckt mich. Das Licht durchdringt die kleinen Schlitze des Rollladens und ich versuche mich zu orientieren. Anscheinend liegt mein Körper in der Horizontalen und das mag er nicht, er ist nur ausgeruht, wenn all seine Gliedmaßen in unterschiedliche Himmelsrichtungen zeigen darf. Das ist auch der Grund, weshalb sich nicht das Gefühl des Ausgeschlafenseins in mir breit macht. Dennoch sehe ich keinen Sinn darin nochmal einschlafen zu wollen. Vielmehr ist mir daran gelegen zu verschwinden, bevor der Mensch neben mir wach wird. Die letzten Male waren - obwohl, eigentlich war es jeder Morgen – etwas merkwürdig zwischen uns. Die Vertrautheit des Abends und das übereinander Herfallens des nachts scheinen dann nie stattgefunden zu haben. Unvorstellbar, dass dieser schlafende Mensch zusätzlich der häufige Auslöser meines gestrigen Lachens war.

Um der angespannten Situation des Morgens nun zu entgehen, versuche ich mich langsam und akrobatisch wie eine Schlange unter seinem Arm heraus zu winden. Kurz unterbreche ich meine Aktion, um mir vorzustellen wie bescheuert meine Verrenkungen aussehen müssen und dass ich mir nie träumen gelassen habe, dass ein erwachsener Mensch sich in eine solch unangenehme, gleichzeitig kindische Situation manövrieren könne. Immerhin kann ich der Situation eine humoristische Seite abgewinnen und beginne zu lächeln.
Ich blicke in sein Gesicht und mein fast schon zärtlicher Blick bleibt an seinem schlafenden Selbst hängen und gleitet über seinen Körper. Den Frieden, der ausgestrahlt wird, füllt nicht meine innere Leere, die er doch nicht bereit ist zu füllen. In mir macht sich das alberne Bedürfnis breit, ihn einfach zu boxen. Das kommt mir zum Glück etwas töricht vor, denn immerhin sind wir nicht mehr im Kindergarten, als man damals einfach Kinder mit dem Bobbycar niedergefahren hat, die man nicht mochte.
Ein schläfriges Grunzen des Schlafnachbars erinnert mich, dass ich gehen wollte. Das Räuspern wird begleitet durch seine ungrazile Drehung und der Arm, der mich vorher verhindert hat aufzustehen, stellt kein Hindernis mehr dar. Nun habe ich keinen nennbaren vorgeschobenen Grund mehr aufzustehen und einfach zu gehen. Denn der Wunsch doch noch länger liegenzubleiben, macht sich etwas in meinem Kopf breit und dass es ja nicht sooo unangenehm werden könne.
Bullshit! -  und mit diesem sehr lauten Ausruf in meinem Kopf springe ich mich drehend wie ein Ninja aus dem Bett, sodass ich direkt auf meinen beiden Füßen hockend neben dem Bett aufkomme und meine Habseligkeiten in den Rucksack stopfe, die vor mir verstreut liegen. Dann rappel ich mich auf und verlasse schleichend das Zimmer. Noch schnell auf die Pipibox, das wirre Haar ordnen und Straßenkleidung anziehen und dann kann der Tag doch wundervoll beginnen.
Immerhin gab es ja guten Sex und wenn merkwürdige Gefühle die einzigen unangenehmen Nebenwirkungen sind, lässt sich das doch verkraften. Um den Gedanken abzuwürgen und postsexuelle Depressionen vorzubeugen, ziehe ich meine Kopfhörer über die Ohren damit die Musik mich hinfort katapultieren kann und lasse mich sanft von den Sonnenstrahlen umarmen.
Mit einem Lächeln im Herzen und der Zufriedenheit im Gesicht mache ich mich auf den Heimweg, in dem Wissen, dass ich beizeiten mich wieder in dieser Ausgangslage befinden werde. Denn es zieht mich immer wieder zu dieser Gestalt, die kaum 4,5km Fluglinie vor sich hin schnarcht und mir den Verstand vernebelt, mein Selbstbewusstsein untergräbt und meine Geduld auf die Palme bringt. 

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